Resumée der Kinderwunsch Tage in Berlin
Die Kinderwunsch Tage am 18. und 19.2.17 waren eine sehr umstrittene Veranstaltung. Kritisiert wurde vor allem, dass ausländische Kliniken Behandlungen anboten, die in Deutschland unter Strafe stehen und sehr kommerziell ausgerichtet sind (Eizellspende und Leihmutterschaft). In der Tat war es so, dass es zahlreiche Kliniken aus der Ukraine, aus Spanien und den USA gab, die dort mit großen Ständen und mit Vorträgen vertreten waren. Und einige deutsche Kliniken hatten ihre Teilnahme, nach der heftigen Kritik in den Medien, zurückgezogen. Allerdings gab es nicht nur kommerzielle Angebote, sondern es waren auch Non-profit Organisationen wie Wunschkind e.V., das DI-Netz e.V., ein Verein für Pflegeeltern aus Berlin und die Klinefelter Vereinigung ebenso vertreten wie das Regenbogenzentrum Berlin oder Pride Angel aus England.
Ich selbst war als Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Kinderwunschberatung mit mehreren Kolleginnen vor Ort. Wir hatten einen großen Stand mit viel Informationsmaterial für Menschen und Paare mit Kinderwunsch. Unser Stand war durchweg gut besucht und wir hatten zahlreiche Gespräche mit Paaren und mit Fachkräften sowie einen Vortrag zur Familienbildung mit Samen- und Eizellspende. Das Interesse an der psychosozialen Kinderwunschberatung war sehr groß.
Gemeinsam mit meinen Kolleginnen haben wir uns einige der Vorträge angehört und die Art und Weise sowie die Inhalte der Präsentationen der ausländischen Kliniken mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. Eine ausländische Klinik führte beispielsweise in einem Vortrag aus, dass bei gleich hoher Qualität sowohl befruchtete Eizellen einer Spenderin als auch die der Wunschmutter übertragen werden, so dass die Wunschmutter bei positivem Schwangerschaftstest nicht wissen kann, ob sie ein Kind austrägt, mit dem sie genetisch verwandt ist oder nicht. Mit einigen konnten wir (z.T. auch recht kritische) Gespräche führen, mit anderen – nicht zuletzt wegen des großen Andrangs – nicht. Was sich hier, wie auch auf wissenschaftlichen Kongressen, zeigte, ist die sehr unterschiedliche ethische Grundhaltung zu manchen Themen: In den USA ist es nicht verpönt, für die Zeugung von Kindern kommerzielle Modelle vorzuhalten. Auch haben viele dort die Haltung, dass Spenderinnen und Leihmütter für ihren „Service“ finanziell angemessen kompensiert und durch Kranken- und Lebensversicherungen abgesichert werden sollten. Die Anonymität wird in Spanien oder in osteuropäischen Ländern nicht hinterfragt, weder von den Kliniken noch von anderen Gruppierungen. Diese Wertevielfalt auszuhalten oder gar zu respektieren ist nicht einfach. Noch schwieriger ist es, damit konstruktiv umzugehen. Letztendlich ist es in meinen Augen jedoch wichtig, die Kommunikation offen zu halten, und dies war der Grund, weshalb ich mich beteiligte. Es hat wenig Sinn, indirekt zu kritisieren, aber das direkte Gespräch zu vermeiden. Es ist allerdings auch wichtig, dass auf anderen Ebenen über diese Wertepluralität gesprochen wird und kritisch diskutiert wird, wie sich dies auf Familien auswirken kann, die auf einer Behandlung im Ausland basieren und somit direkt dieses Spannungsfeld der Wertepluralität leben und erleben. Sinnvoll wäre hier sicherlich ein Austausch der entsprechenden Behörden wie die Justizministerien, aber auch ein europaweiter fachlicher Austausch der nationalen reproduktionsmedizinischen Gesellschaften und weiterer involvierter Fachkräfte wie Psychologen und Beratungsfachkräfte, die den direkten Kontakt zu Wunscheltern und Gametenspendern haben. Ziel eines solchen Austausches sollten Minimalkriterien für eine ethisch verantwortungsvolle Behandlung sein, denen sich Kliniken auf freiwilliger Basis anschließen können. Dies ist allerdings keine neue Idee. Gemeinsam mit Prof. Eric Blyth und Dr. Tewes Wischmann haben ich solche Minimalkritierien bereits vor einigen Jahren in dem Artikel Cross Border Reproductive Services – suggestions for an ethically based minimum standard of care in Europe. (Journal of Psychosomatic Obstetrics & Gynecology, 2012. 33(1): p. 1-6) formuliert.
Aus Sicht des Veranstalters waren die Kinderwunsch Tage ein Erfolg – es nahmen über 1400 Personen teil. Die Berichterstattung in den Medien, einerlei wie kritisch, hat hierzu sicherlich beigetragen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Kinderwunsch Tage im nächsten Jahr wiederholt werden.
Vom Di-Netz gab es ebenfalls einen Bericht, der hier gelesen werden kann:
http://www.di-netz.de/kinderwunsch-tage-in-berlin/
Hier noch einige Links zur Berichtserstattung in Deutschland
http://www.die-tagespost.de/politik/Reproduktives-Reisen-leicht-gemacht;art315,176433
http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1159504/
http://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/hier-wird-mit-dem-kinderwunsch-geld-verdient
und in der Schweiz
http://www.tagesanzeiger.ch/sonntagszeitung/Das-BabyBusiness/story/31776647
http://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/zum-wunschbaby-dank-fremder-eizellen/story/26714299
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