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Schon vor einiger Zeit habe ich auf Instagram einen Beitrag zur Terminologie im Bereich der Gametenspende geschrieben. Der Beitrag wurde so häufig abgerufen, dass ich ihn auch hier nochmals poste:

 

Terminologie für Samenspender

Es gibt viel Diskussion um die Wortwahl für den Mann, mit dessen Samen ein Kind gezeugt wurde. Auch gibt es viel Diskussion um dessen „richtige“ oder „falsche“ Bezeichnung. Bei einigen Solomütter kommt noch ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrem Kind einen zweiten Elternteil und einen Vater „vorenthalten“ – schließlich war es ihre Entscheidung, ein Kind alleine zu bekommen. Gerade sie, das ist meine Erfahrung, denken oft darüber nach, den Spender dem Kind gegenüber als „Vater“, „Spendervater“ oder ähnlich zu benennen.

In der Beratung empfehle ich, den Samenspender gegenüber dem Kind nicht als „Vater“ oder „Papa“ zu bezeichnen, wenn er keine aktive Vaterrolle einnimmt. Zu groß ist die Gefahr, dass beim Kind damit Erwartungen ausgelöst werden und man das Kind immer wieder enttäuschen muss. Denn gemäß den zurzeit üblichen Vorstellungen ist ein Vater eine männliche Bezugsperson, die einen festen Platz im Leben des Kindes hat, egal wie (un-)regelmäßig Kontakt stattfindet. Ein Vater ist zum Geburtstag da, macht Weihnachtsgeschenke und begleitet das Kind bei wichtigen Anlässen, z.B. der Einschulung. Dies wird ein Samenspender nicht tun, denn er hat sich bewusst dazu entschieden, seinen Samen einer Frau zu spenden, und nicht mir ihr ein Kind zu bekommen. Daher ist es in meinen Augen sinnvoll, bei Kindern passende Begrifflichkeiten zu verwenden: bei Kleinkindern z.B. ein netter Mann, der Samen geschenkt hat, bei Grundschulkindern z.B. ein Samenspender, der einem bei der Familiengründung geholfen hat.

Ich weiß um die vielen Diskussionen und dem Ringen um den „richtigen“ Begriff. Nicht nur im Deutschen, auch im Englischen werden viele unterschiedliche Wörter verwendet, und es gibt kontroverse, zum Teil sogar hitzige Diskussionen. Der oben verwendete Begriff „donor parent“ wird von nicht wenigen Menschen abgelehnt, weil bei ihm eine emotionale Wärme mitschwingt, die es in der Realität nicht gibt. Andere vertreten die Haltung, dass ein Spender und eine Spenderin durchaus zur Familie gehören und dies durch entsprechende Worte markiert werden sollte. Offensichtlich ist für mich, dass wir hier konzeptuelle Aspekte der Familiensoziologie weiterdiskutieren müssen und möglicherweise ein Familienkonstrukt benötigen, dass einerseits durchlässiger ist als bisherige Definitionen, andererseits Wörter nutzt, die inklusiver und wertschätzender sind als Begrifflichkeiten wie „Spender“.

Wichtig ist in meinen Augen, dass Eltern entspannt über den Spender sprechen können und offen dafür sind, dass ihr Kind dem Spender gegenüber eine eigene Haltung entwickeln kann. Es gibt sehr neugierige Kinder, die es kaum erwarten können, den Spender kennenzulernen. Es gibt Kinder, für die der Spender nicht wirklich eine wichtige Person ist. Und es gibt Kinder, bei denen sich die Bedeutung des Spenders im Laufe ihres Lebens verändert. Für Kinder ist es enorm hilfreich, wenn sie ihre Neugier ausleben können. Sie sollten sich nicht zurückhalten müssen, weil ihr Interesse am Spender die Eltern/die Mutter verunsichert oder kränkt; sie sollten jedoch auch nicht der Neugier ihrer Eltern folgen und Kontakt zum Spender herstellen müssen, obwohl sie kein Interesse an ihm haben.

Im besten Fall schlagen Eltern unterschiedliche Begrifflichkeiten vor, die der Entwicklung des Kindes Rechnung trägt, sprechen – wie offensichtlich in dem australischen Beispiel oben – in einer entspannten Atmosphäre über dessen Beitrag und signalisieren dem Kind ihre Unterstützung, falls es mehr über den Spender erfahren oder Kontakt zu ihm aufnehmen möchte. Und vielleicht sind unter diesen Bedingungen die Wörter gar nicht so wichtig, sondern die Gesprächsatmosphäre!

 

Und wer sich für Aufklärungsbücher interessiert, findet diese bei FamART.de, dort wird in es Kürze auch einen Kompakt-Ratgeber zur Aufklärung von Kindern geben!

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